Anhand von Fallbeispielen erläuterten drei Experten die aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) zu den Themen Vorhofflimmern, chronische Koronarsyndrome und dem Management peripherer arterieller und Aorten-Erkrankungen [1–3]. Fallbasiert deshalb, weil in den Leitlinien auf jeweils über 100 Seiten umfangreiche Empfehlungen detailliert abgebildet werden. Anwendungsbeispiele helfen, die Ratschläge in die Praxis zu übersetzen.
Neues zum Vorhofflimmern
PD Dr. Maura Magdalena Zylla, Heidelberg, stellte einen Fall zu Vorhofflimmern bei bestehender koronarer Herzkrankheit vor. Sie diskutierte anhand der Leitlinienempfehlungen mögliche diagnostische Mittel und Therapieoptionen. Als Quintessenz konnte sie festhalten, dass gemäß der ESC-Leitlinien 2024 insbesondere die Behandlung der Begleiterkrankungen und Risikofaktoren eine wichtige Säule darstellen. Um die Therapie zu vereinfachen, gilt in der klinischen Praxis jetzt der CHA2DS2-VA-Score, ohne das weibliche Geschlecht als Risikomodulator. Als wesentliche Empfehlung sah sie das „shared decision making“ als relevant für die Individualisierung der Frequenz- und Rhythmus-Kontrolle an. Nach Erstdiagnose eines symptomatischen Vorhofflimmerns sollte eine Rhythmuskontrolle früh angestrebt werden. Neben Antiarrhythmika stelle auch die Katheterablation eine mögliche Erstlinientherapie zur Rhythmuskontrolle dar. Sie empfahl eine regelmäßige Re-Evaluation von Klinik und Risikofaktoren. Ziel sei hier die Optimierung der Therapie.
Patienten mitentscheiden lassen
Anhand des Falles eines 71-jährigen Mannes mit zwei vorbestehenden koronaren Gefäßerkrankungen diskutierte Dr. Kilian Franke, Bad Krozingen, die ESC-Leitlinien zu den chronischen Koronarsyndromen. Für ihn ist die Leitlinie bei der Beurteilung der Symptome etwas zu detailliert. Bei regelhaft provozierbaren, linksthorakalen Schmerzen, die ausstrahlen, und in Ruhe besser werden, könne die Angina pectoris – Diagnose schon gestellt werden. Die Dyspnoe sei nun als Angina-Äquivalent als klares Symptom in die Leitlinie aufgenommen. Bei einem niedrigen Risiko für ein chronisches Koronarsyndrom sollten weniger invasive Untersuchungsmethoden ausgewählt werden. Als wichtige Botschaft in Bezug auf die Therapie gab Dr. Franke den Zuhörern mit, diese gut abgestimmt mit dem Patienten zu verordnen. Dies erhöhe die Adhärenz und damit das Outcome deutlich.
3 Botschaften bei pAVK und Aorten-Erkrankungen
Drei Fälle trug Florian Schindhelm, Essen, zu der neuen ESC-Leitlinie zum Management der pAVK und von Aorten-Erkrankungen bei. Für ihn ergeben sich aus der Leitlinie drei wesentliche Botschaften: Für Frauen ist das pAVK-Risiko deutlich höher als für Männer. Es sollte bei Risikofaktoren ein Screening für Frauen geben. Die Therapieentscheidung bei einer Stenose der Arteria carotis interna sollte stets von einem Gefäß-Team getroffen werden. Wichtiger Punkt der aktuellen Leitlinie: Bei einem Aortenaneurysma ab 55 mm muss operiert werden.
Dr. Corinna Kolac
Literatur:
- ESC-Leitlinie Vorhofflimmern 2024. Abrufbar unter: https://academic.oup.com/eurheartj/article/45/36/3314/7738779, zuletzt abgerufen am 24.04.2025
- ESC-Leitlinie Chronische Koronarsyndrome 2024. Abrufbar unter: https://academic.oup.com/eurheartj/article/45/36/3415/7743115, letzter Abruf am 24.04.2025
- ESC-Leitlinie periphere, arterielle und Aorten-Erkrankungen 2024. Abrufbar unter: https://academic.oup.com/eurheartj/article/45/36/3538/7738955, letzter Abruf am 24.04.2025
Quelle: Sektionssitzung: „Die neuen ESC-Guidelines – fallbasiert diskutiert“ anlässlich der 91. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie e. V., 24. April 2025; Mannheim