Der Einsatz von Kombinationstherapien ist dürftig und innerhalb von Europa rangiert Deutschland fast am letzten Platz, wenn es um ein ordentliches Lipidmanagement geht. Immer noch halte man hierzulande an einer Statin-Monotherapie fest, mit dem Ergebnis, dass die LDL-C-Senkung unterdurchschnittlich bleibt.
Dabei ist klar, dass eine lebenslange LDL-C-Senkung bei zu hohen Werten das erste Ereignis wie z. B. den Schlaganfall oder einen Herzinfarkt verhindern kann. „Deshalb hat sich Sanofi überlegt, eine Initiative ins Leben zu rufen, die Prevent the first Event heißt“, so Dr. Antje Breske, Berlin. Denn: Die Einleitung einer Therapie mit z. B. Alirocumab (Praluent®), einem PCSK9i*-, ist auch bei Menschen mit ASCVD (atherosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankungen) ohne vorherige ischämische Ereignisse mit einem signifikant und wesentlich niedrigerem Risiko für schwerwiegende ischämische Ereignisse verbunden.
Prof. Klaus Parhofer, München, ergänzte, dass die Strategie bei Personen mit hohem LDL-C, die mit Lebensstil-Änderung, einem Statin + Ezetimib ihren Zielwert nicht erreichen, den PCSK9i einzusetzen, richtig ist, wenn die Distanz zum Zielwert groß ist, d. h. wenn also die 50%ige Reduktion des LDL-C-Werts durch Alirocumab erfolgen soll.
Die MARS-Studie prüfte die Anwendung des 2-ml-Autoinjektors mit der Monatsdosis von 300 mg Alirocumab bei 165 Patienten mit hohen LDL-C-Werten (ca. 112 mg/dl) und ASCVD an 50 Studienzentren in Deutschland. Sie erhielten alle 4 Wochen über 12 Wochen Alirocumab mit dem Autoinjektor. Umgestellt wurden 36 Patienten von einem anderen PCSK9i, entweder von einem zweiwöchentlichen oder einem 6-monatlichen Regime. Ausgewertet wurden weitere 110 Patienten die neu auf Alirocumab eingestellt wurden. Die meisten waren männlich, 60 Jahre alt, ein Viertel des Kollektivs waren Typ-2-Diabetiker, und viele hatten bereits ein Ereignis, es ging also um Sekundärprävention. Im Ergebnis erreichten mit Alirocumab die therapienaiven nach 12 Wochen 63 mg/dl, die PCSK9i-vorbehandelten 79 mg/dl und insgesamt hatte also hier die Umstellung auf Alirocumab zu keiner Veränderung des gewünschten LDL-C-Zielwerts geführt. Zufrieden mit der Therapie waren 97,2% der Patienten. Ebenfalls wurde sie gut vertragen. Nach 12-wöchiger Behandlung wurde bei den PCSK9i-naiven eine mittlere Senkung des LDL-C-Wertes um 52 % beobachtet. Die monatliche Dosierung von Alirocumab ist also so wirksam wie das 2-wöchentliche Schema.
PCSK9i werden v. a. bei Patienten mit sehr hohem Risiko eingesetzt, meist jedoch dann, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, also bei klassischen Sekundär-Präventions-Patienten. Diese Schere im Kopf zwischen Primär- und Sekundärprävention muss aber in Zukunft aufgeweicht werden und es sollten PCSK9i früher auf den Behandlungsplan rücken (auch wenn sie teuer in der Verordnung sind, beugen sie doch den Kosten der Folgen eines Schlaganfalls oder eines Herzinfarkts vor!). Der LDL-C-Wert, bei welchem PCSK9i eingesetzt werden, ist immerhin in den letzten Jahren deutlich gesunken von anfangs durchschnittlich 180 mg/dl auf zuletzt 110 mg/dl. Nach Information von Sanofi wird der eigentlich noch „neue“ Autoinjektor bald von einem noch komfortableren abgelöst und dann wird Alirocumab in dem Injektor erhältlich sein, der sonst Dupilumab (Dupixent®) zur Verfügung stellt.
*PCSK9i= PCSK(Proproteinkonvertase 9)-Inhibitor
Dr. med. Nana Mosler
Quelle: Online Meet-the-Expert „Moderne Lipidtherapie: neue Daten zu LDL-Cholesterinsenkung mit PCSK9-Inhibitoren in der klinischen Praxis“ am 20.03.25. Veranstalter: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH