Herzpflaster für neues Herzmuskelgewebe bei Herzinsuffizienz

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Symbolische Darstellung von Herzgesundheit mit einem roten Herz und Pflaster.
Quelle: ©FreepikCompany - Adobe Stock

Wissenschaftler der Universitätsmedizin Göttingen und der Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim wurden von der Deutschen Herzstiftung mit dem angesehenen Wilhelm P. Winterstein-Preis ausgezeichnet. Prämiert wurde ihr innovativer Ansatz, mithilfe einer Herzpflastertherapie geschädigte Herzmuskulatur bei chronischer Herzschwäche zu regenerieren.

In Deutschland leiden rund 200.000 Menschen an einer schweren Form der Herzinsuffizienz. In diesem weit fortgeschrittenen Stadium verliert das Herz bis zu einem Viertel seiner Muskelmasse – das entspricht etwa einer Milliarde Herzmuskelzellen. Anstelle der funktionsfähigen Zellen bildet sich Narbengewebe, das keine Kontraktionskraft besitzt. Medikamente stoßen in dieser Situation oft an ihre Grenzen, da sie den entstandenen Schaden nicht rückgängig machen können. Häufig bleiben dann nur eine Herztransplantation oder ein künstliches Herz als letzte Optionen. Ein vielversprechender neuer Ansatz ist es, frische Herzmuskelzellen als sogenanntes Herzpflaster direkt auf das Herz aufzubringen.

Eine mit dem renommierten Wilhelm P. Winterstein-Preis der Deutschen Herzstiftung (dotiert mit 10.000 Euro) ausgezeichnete Studie belegt erstmals, dass es möglich ist, neue Herzmuskelzellen mithilfe eines Herzpflasters erfolgreich auf das geschädigte Herz von Patienten zu übertragen. Für diese wissenschaftliche Leistung wurden PD Dr. med. Malte Tiburcy vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie sowie Dr. med. Fawad Jebran von der Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie der Universitätsmedizin Göttingen und Prof. Dr. med. Tim Seidler von der Kardiologie der Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim geehrt. Ihre Publikation „Engineered heart muscle allografts for heart repair in primates and humans“, die Anfang 2025 im Fachjournal „Nature“ [1] erschienen ist, beschreibt unter anderem, wie die Durchblutung der implantierten Herzmuskelzellen durch das Herzpflaster wiederhergestellt werden kann. Die Ergebnisse dieser Arbeit waren entscheidend für den Start der ersten klinischen Studie zur Behandlung von Patienten mit Herzpflastern (BioVAT-HF; NTC04396899).

Herzpflastertherapie als Hoffnungsträger bei schwerer Herzschwäche

„Diese viel beachtete Studie zur Herzpflastertherapie weckt große Hoffnung auf eine neue Behandlungsmöglichkeit für Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz. Gerade vor dem Hintergrund des anhaltenden Mangels an Spenderherzen für schwer Erkrankte sind die Ergebnisse dieser Forschung von herausragender Bedeutung“, erklärte Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, bei der Preisverleihung auf der Jahreshauptversammlung der Herzstiftung in Frankfurt am Main. Weitere Informationen zur Wirkungsweise der Herzpflastertherapie finden Sie unter https://herzstiftung.de/service-und-aktuelles/herzmedizin/herzpflaster

Erfolg durch interdisziplinäre Zusammenarbeit

Winterstein-Preisträger und Herzchirurg Dr. med. Fawad Jebran betonte bei der Preisverleihung gemeinsam mit seinen Kollegen PD Tiburcy und Prof. Seidler, dass der entscheidende Fortschritt vor allem der vorbildlichen Zusammenarbeit zwischen Herzchirurgie, Kardiologie und Pharmakologie zu verdanken ist. Durch diese enge interdisziplinäre Kooperation konnte ein neues Therapiekonzept für eines der weltweit größten Herzprobleme entwickelt werden. Wie der Göttinger Arzt und Pharmakologe PD Tiburcy erläuterte, spiegelte sich diese Zusammenarbeit besonders in der Entwicklung der Herzpflasterimplantation durch die Herzchirurgie, der Anwendung an Tier und Mensch durch die Kardiologie und der technologischen Weiterentwicklung der Herzpflaster durch die Pharmakologie wieder.

Herzpflaster-Implantation verläuft ohne sicherheitsrelevante Komplikationen

Bisher war es nicht möglich, Herzinsuffizienz durch die echte Regeneration von Herzmuskelgewebe zu behandeln. Nun zeigen erste Studienergebnisse am Menschen, dass mithilfe eines Herzpflasters neue Herzmuskelzellen auf das geschädigte Herz übertragen werden können und dort funktionieren. Die Zellen integrierten sich ins Gewebe, bildeten Blutgefäße, wuchsen weiter und stärkten die Herzwand. Wichtig dabei: Es traten keine schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Tumoren oder Herzrhythmusstörungen auf, berichtet Prof. Seidler von der Kerckhoff-Klinik. Die Herzforscher sehen die Möglichkeit, die Herzpflastertherapie künftig nicht nur bei Patienten mit einer sehr schweren Herzinsuffizienz (NYHA-Stadium IV) einzusetzen. Die vier NYHA-Stadien (New York Heart Association) ermöglichen es Ärzt*innen, den Schweregrad der Herzschwäche bei der Diagnose genau zu bestimmen. Laut Dr. Jebran, könnten die Pflaster auch für Patienten mit bereits ab NYHA-Stufe II auftretenden Symptomen eine Behandlungsoption darstellen.

Zulassung für innovative Therapie geprüft

Die veröffentlichten Forschungsergebnisse spielten eine zentrale Rolle bei der Zulassung der weltweit ersten klinischen Studie, in der im Labor gezüchtete Gewebeimplantate bei Patient*innen mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz eingesetzt werden. „Im Rahmen der aktuellen BioVAT-HF-Studie wird nun untersucht, wie sich Herzpflaster zur Regeneration des Herzmuskels anwenden lassen“, erklärt PD Tiburcy.

Quelle: Pressemitteilung idw / Deutsche Herzstiftung e.V.

Originalpublikation: Jebran AF et al. Nature 2025: https://doi.org/10.1038/s41586-024-08463-0

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